»Bericht zum Diesellokbetrieb und der Diesellokbeschaffung 1957
Jedes Jahr veröffentlichte das BZA München einen Tätigkeitsbericht, daraus veröffentlichen wir hier den Bericht über den Diesellok-(DL-)Betrieb und die Diesellokbeschaffung. Der Bericht ist im Januar 1958 verfasst worden.
In der Maschinentechnischen Bau- und Einkaufsabteilung wurden die im Jahre 1955 angelaufenen Beschaffungen von Dieseltriebfahrzeugen nahezu abgeschlossen. Mit der restlosen Auslieferung der 1. Großserie von 275 Stück V 60-Rangierlok ist bis Ende Februar 1958 zu rechnen; von dieser bewährten Type wurde gegen Ende des Berichtsjahres ein weiterer Auftrag von 65 Stück vergeben, ebenso eine 2. Serie von 30 Stück V 200. Durch die Indienststellung von insgesamt 256 Neubaudiesellok und Dieseltriebwagen sowie einer Reihe neuer Kleinlok stieg der Anteil der Dieselzugförderung an der Gesamtzugförderung im Jahre 1957 um weitere 2,0 % an. An den Gesamtleistungen der DB ohne Saarbrücken war die Dieselzugförderung mit 17 % beteiligt (Elektr. Zugdienst 14 %, Dampflok 69 %). Die Einführung der neuen Fahrzeuge, die sich auf viele bisher vom Dieselbetrieb noch nicht berührte Stellen verteilen, erforderte eine eingehende Schulung des Personals und Betreuung der Dienststellen. Der Erfolg dieser Arbeit neben der Kleinarbeit zur weiteren baulichen Verbesserung der Fahrzeuge zeigte sich in der ständig steigenden Betriebszuverlässigkeit dieser Fahrzeuge; besonders zu erwähnen sind die erreichten Werte der störungsfreien km im Zugdienst bei Ferntriebwagen und V 200.
Der Gesamtbestand an Brennkraft-Schienenfahrzeugen hat sich durch die Inbetriebnahme neu gelieferter Fahrzeuge sowie die Übernahme einiger Fahrzeuge der ehemaligen Saarbahnen bedeutend erhöht, wenn auch die Ausmusterung veralteter Triebwagen-Typen wieder eine gewisse Absenkung nach sich zog. Der absolute Zuwachs gegenüber dem Vorjahr betrug 302 Einheiten oder 16,2 %.
Im einzelnen ist zu berichten:
- Diesellok
Aus der Bestellung von 50 DL der Baureihe V 200 waren bis Jahresende 49 Lok in Betrieb genommen; die letzte Lok wurde am 3.1.1958 abgenommen. Die sorgfältige Überwachung der Fahrzeuge, insbesondere der Maschinenanlagen hat zu einer Anzahl baulicher Verbesserungen geführt, die im Laufe des Jahres im AW bzw bei den Dienststellen durchgeführt wurden. Die erreichte größere Betriebszuverlässigkeit führte zu erheblichen Laufleistungen. Insgesamt wurden mit den 54 Betriebslok V 200 im Jahre 1957 8,49 Mio km gefahren (1956: 1,26 Mio km). Die durchschnittliche Laufleistung je Einsatztag betrug rd 700 km, wobei z B von Lok des Bw Hamm Monatsleistungen bis zu 30 000 km/Lok gefahren wurden. Im Herbst 1957 wurde dem BZA Mü der Auftrag erteilt, weitere V 200-Lok zu beschaffen. Die Verhandlungen sind soweit gediehen, daß im Febr. 1958 der Vertrag über die Lieferung von 30 Lok, beginnend im Nov. 1958, abgeschlossen werden konnte. Im Prinzip wird die Gesamtkonstruktion der 2. Serie nicht geändert, um sicherzustellen, daß die Teile voll ausgetauscht werden können. Selbstverständlich werden aber kleinere Verbesserungen, die sich im Betrieb als vorteilhaft oder notwendig erwiesen haben, bei dieser Nachbau-Serie berücksichtigt.
Um die im DL-Betrieb vorhandenen motorischen Leistungsreserven kurzzeitig ausnutzen zu können, wurde an 2 Maybach-Motoren in V 200-Diesellok eine sog. Beschleunigungsstufe im Betrieb erprobt und deren Einführung bei der 2. Serie V 200 vorgesehen. Zur Verbesserung der Geräuschverhältnisse bei V 200 wurde an einer Lok die Wirksamkeit von Schalldämpfern geprüft. Ferner wurden neue Fahrstufenschreiber zur Ermittlung der betrieblichen Beanspruchung der Motoren und zu Untersuchungen über die wirtschaftlichste Fahrweise eingebaut.
Auch an den übrigen Diesellok sind verschiedene Verbesserungen durchgeführt worden. Bei den DL V 80 wurden Abgasschalldämpfer eingebaut und der Führerstand durch verschiedene Geräuschdämpfungsmaßnahmen abgeschirmt. Der damit erzielte Erfolg berechtigte dazu„ auch die 3 Schmalspurlok BR V 20 geräuschtechnisch zu verbessern. Außerdem erhielten diese Lok auch geräuschärmere Dieselmotoren und Kühlluftgebläse. Eine Lok der BR V 80 wurde versuchsweise mit der Eindraht-Hochfrequenzsteuerung ausgerüstet; der Versuchsbetrieb wird demnächst aufgenommen.
Nachdem sich der sehr wirtschaftliche Umbau einer der DL V 188 auf Einheitsmotoren 1100 PS bewährt hat, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht, ist mit dem Umbau der 2. Lok begonnen worden.
Die Auslieferung der 275 bestellten Lok BR V 60 war bei Jahresende nahezu abgeschlossen. Mit den 4 Vorauslok sind jetzt 275 Lok in Betrieb, der Rest von 4 Lok folgt bis Ende März 1958. Von den Serienlok erhielten 19 Stück einen Tankraum mit 2000 l Fassungsvermögen, 2 Lok sind mit den Einrichtungen für Doppeltraktion ausgerüstet. Bemerkenswert ist der Einbau von Kunststoff-Bremsklötzen an einigen V 60 Lok, weil dadurch der nicht unerhebliche Verschleiß an eisernen Bremsklötzen und vor allem der für die Stangen- und Achslager schädliche Bremsklotzstaub vermindert werden wird. Um Erfahrungen für eine 2. Serie zu gewinnen, wurden verschiedene weitere Versuchseinbauten vorgenommen, so z B der Einbau eines GTO 6A Motors mit verbessertem Abgas-Aufladegebläse, Einbau eines Sprungschaltwerkes zur mechanischen Sicherung der Wendeschaltung, gemeinsamer Ölkreislauf Turbo- und Nachschaltgetriebe, Vergrößerung der Zusatzbremsleitung zur Verkürzung der Brems- und Lösezeiten, Zentralschmierung, verbesserte Abgasschalldämpfer.
Der Einsatz der V 60 in größerer Stückzahl hat auf vielen großen Rangierbahnhöfen bereits zu einer durchgreifenden Rationalisierung des Rangierbetriebes geführt. Die rasche Einsatzbereitschaft, der Wegfall zeitraubender Vor- und Nacharbeiten und des Wasserfassens, die Einmannbedienung und vor allem die bis zur Reibungsgrenze ausnutzbare Anfahrzugkraft ergaben eine fühlbare Kostensenkung des Rangier-Betriebes. 14 V-60 Lok sind sogenannte Erprobungslok, die teils mit Mittelschnelläufer-Motoren (KHD, MaK und MAN-Motoren), teils mit Krupp-Strömungsgetrieben oder Voith- (Wandler-Wandler Kupplung) Getrieben L 217 ausgerüstet wurden. Die Erprobungszeit ist jedoch noch zu kurz, um ein endgültiges Urteil über die Bewährung dieser Teile abgeben zu können.
Da der Bedarf des Betriebsdienstes an V 60 sehr groß ist, wurde 1957 die Beschaffung einer 2. Serie eingeleitet; im Dezember 1957 konnten die entsprechenden Lieferverträge mit 2 Firmen über 66 Lok abgeschlossen werden. Auch bei der 2. Serie V 60 wird die Grundkonstruktion nicht geändert; es werden lediglich kleinere Verbesserungen aus den Betriebs- und Werkstättenerfahrungen heraus durchgeführt. Mit dem Beginn der Auslieferung der 2. Serie V 60 ist ab Mitte d J zu rechnen.
Auf dem Sektor der Neuentwicklung von Dieselloktypen sind die Planungs- und Konstruktionsarbeiten weiter fortgeschritten:
Von der V 100 als 4-achsiger Mehrzweck-Nebenbahnlok werden zunächst 6 Probetypen gebaut. Mit dem Bau der 1. Lok bei MaK Kiel wurde 1957 begonnen. Die Konstruktion ist bereits so weit abgeschlossen, daß im Juni 1958 die Probefahrten mit dieser Lok beginnen können. Als Motor wurde für 4 Lok der 1200 PS Maybach-Motor MD 650, für 2 Lok der MAN Motor L 12 V 18/21 gewählt. Die V 100 erhält eine neue raumsparende U-förmige Kühleranlage – wie bisher mit hydrostatischem Antrieb –, ein neu entwickeltes 15-stufiges elektro-pneumatisches Steuergerät, ein luftgekühltes Hilfsdieselaggregat zur Stromversorgung beim Vorheizen und im sonstigen Wartebetrieb, damit in diesen Fällen der große Fahrdiesel nicht in Betrieb gesetzt werden muß, ferner eine elastische Lagerung für die verschiedenen austauschbaren Motorbauarten. Das Getriebe L 216 rs (Wandler-Wandler-Kupplung) und die Vorgelegeachstriebe stellen ebenfalls eine Neuentwicklung dar.
Die 4-achsige Mehrzweckstreckenlok V 160 mit 1 16 Zyl. Maybach-Motor Md 870, der aus dem 12-Zyl. Motor mit 1200 PS bei gleichen Zylinder Abmessungen entwickelt wurde, wird ebenfalls zunächst in einer Anzahl von Prototypen in Auftrag gegeben. Die Gebrauchs-Dauerleistung beträgt etwa 1900 PS. Auch diese Lok erhalten die nötigen Einrichtungen für das Warmhalten der Lok beim Abstellen im Freien (bei 25° C) während der Betriebspausen. Die Konstruktion wurde im Laufe des Jahres 1957 so weit durchgearbeitet, daß mit der Fertigstellung der 1. Lok Anfang 1958 zu rechnen ist. Letztlich wurde die Entwicklung der 2 motorigen 6-achsigen Lok BR V 320 zügig weitergeführt, doch ist der Bau der Probelok vorerst zurückgestellt worden, um zunächst Erfahrungen mit der V 160 zu sammeln.
Baureihe V 100, Baureihe V 188, Baureihe V 200, Baureihe V 80